Kreativität - mehr als bunte Farbe
Die Ergotherapie in der stationären Langzeittherapie wird oft in Kunsttherapie und Arbeitstherapie unterteilt. Häufig wird leider bei der künstlerischen Ergotherapie gekürzt und der Schwerpunkt auf die Verrichtung von Diensten gelegt. Die Arbeitstherapie (z.B. Reinigungsdienste, Küchendienst, Gartenpflege, etc.) soll dazu dienen, den Menschen wieder in ein geregeltes Leben / Arbeitsumfeld einzufügen. Das ist es halt, was der Kostenträger (=Rentenversicherung) vorrangig wünscht.
Er vergisst dabei nur, dass künstlerische, gestaltende Ergotherapie ein sehr wertvoller Therapiebaustein ist. Egal, ob Acrylmalerei, Töpfern, Specksteinbearbeitung oder Holzarbeiten, das Ausprobieren an neuen Grundstoffen und Arbeitsweisen regt an und legt völlig vergessene Gestaltungsspielräume dar. Und der Patient erhält außerdem Inspirationen, was er nun mit der ganzen neugewonnenen nüchternen Zeit anfangen könnte.
Positive, neue Kreativität
Zugegeben, die meisten Süchtigen waren äußerst kreativ beim Verstecken des Suchtmittels und Erfinden von Ausreden. Das war allerdings eine Art Kreativität, die aus der Not, der Abhängigkeit geboren wurde und nun wirklich keinem Freude machte.
Stattdessen Farben und Formen zu kombinieren und zuzusehen, wie das eigene Werk Gestalt annimmt, ist unheimlich beflügelnd. Auch wenn das erste Bild noch unbeholfen wirkt oder der Tonklumpen keine Ähnlichkeit mit einer Figur hat: ich habe es geschaffen. Ich bin drangeblieben und es wird mit jedem Mal üben besser gelingen. Und manch einer findet in der Malerei ein tolles neues Hobby, mit dem sich Erlebnisse verarbeiten lassen.
Einige meiner Werke aus der Ergotherapie hängen noch heute in meiner Wohnung. Richtig stolz bin ich auf meine Figuren aus Speckstein.
Sie erinnern mich an meine Therapiezeit, die Gespräche mit Therapeuten und Mitpatient*innen. Und daran, dass in mir mehr steckt, als ich gedacht hätte. Ich musste nur dranbleiben.